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Sonnenschutzprodukte - gezielt anwenden

 

Immer mehr Tagescremes werden mit UV-Filtern ausgerüstet. Während so die Produktion von Sonnenfiltern rasant zunimmt, wird die endokrine Wirksamkeit einiger Filter diskutiert. Alles über den Stand der Technik und wie man sich am besten vor der Sonnenstrahlung schützt, lesen Sie hier.

 

Viele Menschen arbeiten Tag für Tag hinter Glas und entwickeln keine Pigmentierung. D. h. die Tyrosinase, das Enzym, das für die Melaninbildung zuständig ist, bleibt untätig. Büromenschen erkennt man auch daran, dass sie nach dem Urlaub Melanin schnell wieder abbauen.
In geschlossenen Räumen kommt offensichtlich kein UV-B-Licht (315-280 nm) an; Fensterglas lässt lediglich den Rest an UV-A (380-315 nm; kurzwelliges UV) oberhalb einer Wellenlänge von 320 nm durch. In der Regel ist der Einfallswinkel der Sonnenstrahlung im Sommer in die Räume hinein so klein, dass die Strahlung - außer in unmittelbarer Fensternähe oder im Auto - keine Chance hat. Im Winter ist der Einfallswinkel zwar groß, die Intensität und Energie aber äußerst gering. Was veranlasst uns also, in Tagescremes UV-Filter einzubauen? Eigentlich gibt es keinen Grund, sie standardmäßig damit auszustatten. Die Angst, dass geringe Strahlendosen die vorzeitige Hautalterung in Gang setzen, ist völlig unbegründet.
Laut einer Untersuchung des Bundesforschungsinstituts für Ernährung und Lebensmittel weist ein Großteil der Bevölkerung einen deutlichen Vitamin D-Mangel auf. Vitamin D3 (Cholecalciferol) ist ein ausgewiesener Schutzfaktor gegen unterschiedliche Krebsarten inklusive Hautkrebs und wird vor allem unter dem Einfluss des Sonnenlichts gebildet.
Einige UV-Filter stehen im Verdacht - ähnlich den konservierenden Parabenen und dem im Alkohol denat enthaltenden Phthalsäurediethylester - endokrine Nebenwirkungen aufzuweisen, d. h. hormonell wirksam zu sein. Dabei handelt es sich beispielsweise um (INCI): Ethylhexyl Methoxycinnamate, um Butyl Methoxydibenzoylmethane, um Octocrylene (2-Cyano-3,3-diphenyl-2-acrylsäure-2-ethylhexylester), um 4-Methylbenzylidene Camphor und einige Benzophenone. Inwieweit der Verdacht im Einzelfall tatsächlich relevant ist, ist auch unter Fachleuten heftig umstritten. Das bisherige Datenmaterial basiert meist auf In-vitro-Tests und Studien an Tieren, die speziell konditioniert sind. Fest steht aber, dass UV-Filter gelegentlich Photosensibilisierungen, allergene und irritative Wirkungen auslösen können. Dies hängt mit der Tatsache zusammen, dass ihre organisch-chemischen Strukturen ausgedehnte π-Elektronensysteme in Form aromatischer Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen enthalten, die notwendig sind, um die hochenergetische Strahlung (Photonen) der Sonne zu absorbieren und in Wärme umwandeln zu können.
Dabei arbeiten nicht alle Filter gleich effektiv. Wenn die Zeit zwischen Strahlungsaufnahme und Wärmeabgabe länger dauert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass statt Wärme reaktive Radikale entstehen. Man spricht in diesem Fall von einer Quantenausbeute, die verglichen mit dem hauteigenen Melanin (100%) wesentlich niedriger liegen kann. Beispielsweise werden bei einer Quantenausbeute von 80% etwa 20% der Photonen in Radikale umgewandelt. Deren Lebensdauer hängt wiederum ganz entscheidend von der Umgebung (Creme- und Hautbestandteile) ab.
Während etwa das anorganische Titandioxid unter ungünstigen Umständen freie Elektronen erzeugen kann, die beispielsweise mit Wasser und Sauerstoff zu Radikalen weiterreagieren, sind manche organischen Filter chemisch instabil; sie werden in der Creme oder bei Lichtbelastung langsam abgebaut. Mit anderen Worten: Organische und anorganische UV-Filter alleine bieten kein Rundum-sorglos-Paket.
Filter mit niedriger Quantenausbeute werden gern mit Antioxidantien (Radikalfänger) kombiniert. Man sollte sich anhand der INCI-Deklaration informieren, um welche es sich handelt. Das preiswerte antioxidative Butylhydroxytoluol (BHT) etwa führt bei entsprechender Disposition zu Allergien.

Randbedingungen

Gezielt angewandt sind UV-Filter und Sonnenschutzprodukte zweifellos ein Segen. Sie müssen neben dem UV-B-Schutz auch den UV-A-Schutz gewährleisten, und zwar zu mindestens einem Drittel des angegebenen UV-B-Lichtschutzfaktors. Dann darf das UV-A-Symbol ("UVA" in rundem Kreis) auf dem Etikett des Präparates angebracht werden. Darüber hinaus muss der Hersteller davor warnen, dass Säuglinge und Kleinkinder nicht direktem Sonnenlicht auszusetzen sind. Wichtig ist ein weiterer obligatorischer Hinweis, der die starke Belastung der Haut durch die unvermeidbare Infrarotstrahlung (IR) beschreibt und eine entsprechende maßvolle Exposition anmahnt. Denn IR-Strahlung liefert einen hohen Beitrag zur vorzeitigen Hautalterung, unter der vor allem die Kollagenstrukturen leiden.

Richtig verhalten

Um sich bei Sonne richtig zu verhalten, sind einige individuelle sowie umweltbedingte Besonderheiten zu beachten. So ist die Eigenschutzzeit - der maximale Zeitraum, den man ungebräunt in der Sonne zubringen kann, ohne dass ein Sonnenerythem entsteht - nicht nur individuell vom Hauttyp abhängig, sondern von weiteren Faktoren:

  • Tageszeit: Der Sonnenstand (Einfallswinkel) ist naturgemäß mittags am höchsten und die Strahlung am intensivsten. Im Sommer ist zusätzlich die Zeitverschiebung durch die Sommerzeit zu beachten.
  • Jahreszeit: Während des mitteleuropäischen Winters (November-Januar) ist die Eigenschutzzeit auch bei sehr heller Haut (keltischer Hauttyp) so lang, dass man sie bei Sonnenexposition im Tiefland praktisch nicht erreicht. Ein Sonnenschutz erübrigt sich daher.
  • Meereshöhe: Die Strahlungsintensität steigt mit der Meereshöhe stark an; die Eigenschutzzeit nimmt ab. Beim Alpinsport ist daher immer ein ausreichender Lichtschutzfaktor notwendig.
  • Reflektierende Umgebung: Schnee, heller Sand und glänzende Wasserflächen verringern die Eigenschutzzeit durch die Reflexion der Strahlung.
  • Bewölkung: Hochstehende, schattenspendende Wolken reduzieren die Sonnenstrahlung so weit, dass die Eigenschutzzeit auch im Sommer - ausgenommen niedrige geographische Breiten - sehr lang ist. Dagegen muss man bei Hochnebel- und Bodennebeldecken von geringer Stärke sehr vorsichtig sein; die intensive Streustrahlung führt bei empfindlicher Haut schnell zu einem Erythem.
  • Geographische Breite: Der Einfallswinkel der Sonne beträgt in den Tropen im Maximum 90 Grad. Dementsprechend sinkt die Eigenschutzzeit rasant mit Abnahme der geographischen Breite. Auch bei sonst unempfindlicher Haut ist sie meist nach wenigen Minuten erschöpft.
  • UV-Index (UVI): Das Bundesamt für Strahlungsschutz und andere Institutionen veröffentlichen im Internet für Orte auf der ganzen Welt den UV-Index; dabei werden Jahreszeit, Meereshöhe und geographische Breite berücksichtigt. Je nach Hauttyp ergibt sich daraus eine Empfehlung für den anzuwendenden Lichtschutzfaktor, indem man bei einem dunklen Hauttyp den UVI mit etwa 2 und bei einem sehr hellen Hauttyp (sowie bei Kindern) mit etwa 4 multipliziert. Zwischen den Hauttypen kann man interpolieren.

Steigt der Melaningehalt der Haut durch Sonnenstrahlung an, so steigt auch die Eigenschutzzeit der Haut. D. h. dass man die Haut, beginnend mit kurzen Expositionen, an die Strahlung gewöhnen kann.
Vorsicht ist beim Badeurlaub geboten, da die meisten Sonnenschutzmittel aus wasserhaltigen Emulsionen bestehen und im (warmem) Wasser die Cremebestandteile zum großen Teil ausgewaschen werden. Beim Schnorcheln in den Tropen ist also eher ein Ganzkörperbadeanzug bzw. ein dünner Neoprenanzug empfehlenswert.

Lichtschutzfaktor

Der auf den Sonnenpräparaten angegebene Lichtschutzfaktor (LSF) wird mit der Eigenschutzzeit multipliziert. Das Resultat gibt die Zeit an, die man eingecremt im Freien zubringen kann. Bei einer Eigenschutzzeit von 5 min unter den örtlichen Bedingungen und einem Präparat mit LSF15 beträgt die maximal mögliche Aufenthaltsdauer in der Sonne 5 x 15 = 75 Minuten. In der folgenden Grafik kann man umgekehrt aus der voraussichtlich maximalen Aufenthaltsdauer den mindestens benötigten Lichtschutz berechnen:

Maximale Aufenthaltsdauer (Erythemschwelle) in der Sonne in Minuten

Damit auch wirklich der gewünschte Lichtschutz erreicht wird, muss gemäß COLIPA-Empfehlung ein durchschnittlicher Erwachsener 2 mg/cm2 Haut oder rund sechs Teelöffeln (etwa 36 g) Sonnencreme für den ganzen Körper verwenden. Das Präparat muss auch gut eingezogen sein, bevor man in die Sonne geht.

Präparate

Lichtschutzpräparate werden als O/W-, W/O-Emulsionen in Creme- und Milchform oder wasserfrei als Öle (flüssig) und Oleogele (halbfest) vertrieben. Für welche Form man sich entscheidet, ist eine Frage der Akzeptanz. Wenn es um Wasserfestigkeit geht, sind W/O-Emulsionen und wasserfreie Präparate im Vorteil.
Nachdem die Kosmetikverordnung eine wesentlich komplexere Sicherheitsbewertung für biologisch nicht abbaubare Nanopartikel unter 100 nm fordert, haben sich viele Hersteller entschlossen, beim Titandioxid wieder auf größere Partikel auszuweichen. Das hat unter Umständen sensorische Konsequenzen, da die mittlere Teilchengröße wesentlich größer sein muss als bisher, um nicht mit dem unteren Ausläufer der Gauss-Verteilungskurve in den Bereich unter 100 nm zu kommen.
Pigmente eines Make-ups, das über der Sonnenschutzformulierung angewandt wird, tragen meist zusätzlich zum Schutz bei. Die Faktoren bewegen sich je nach Zusammensetzung etwa zwischen 1 und 4. Eisenpigmente aus dem Make-up oder Eisenspuren aus der Umwelt (Staub) wirken sich nachteilig aus, da sie zusammen mit dem UV-Licht Radikale erzeugen. Dies ist der Grund dafür, dass sich in vielen Sonnenschutzmitteln Komplexbildner wie EDTA (Ethylendiamintetraessigsäure) befinden. EDTA gilt allerdings als schwer abbaubar und komplexiert in der Haut auch essenzielle Spurenelemente wie Kupfer. Leider sind in Sonnenprodukten immer noch Ethoxilate und Polyethylenglykole (PEG) als Emulgatoren und Konsistenzgeber zu finden. Sie müssen mit Antioxidantien und Komplexbildnern stabilisiert werden, da sie sonst sehr aggressive Etherperoxide bilden, die als Auslöser der Mallorca-Akne gelten. Personen mit sehr empfindlicher Haut sollten diese Zusammensetzungen ebenso wie Produkte mit Duftstoffen meiden. Die Terpenstrukturen der Duftstoffe bilden in der Sonne allergene Reaktionsprodukte.
Ein anderes Thema sind ungesättigte Verbindungen, die sich chemisch durch Doppelbindungen auszeichnen. Sie gehören nicht in Sonnenschutzpräparate. Dies gilt auch für wertvolle essenzielle Fettsäuren, die z. B. in Pflanzenölen enthalten sind. Sie werden durch den UV-aktivierten Luftsauerstoff angegriffen und bilden aggressive Peroxide. Wenn man Omega-3- und Omega-6-Säure enthaltene Öle im Sommer allerdings erst abends appliziert, besteht diesbezüglich keine Gefahr. Sie entfalten dann eine starke entzündungshemmende Wirkung - auch bei einem Sonnenerythem.
Eine gute Ergänzung zum Sonnenschutz sind Komponenten wie Aminosäuren und Harnstoff, die den natürlichen NMF unterstützen und unerwünschte Radikale aus der Umwelt abfangen.

Dr. Hans Lautenschläger

 

Veröffentlicht in
medical Beauty Forum 2014 (2), 16-18
sowie verkürzt unter dem Titel
"Bestens geschützt - Filter, Lichtschutzfaktor und Sonnenschutzpräparate",
Beauty Forum 2015 (2). 64-67

 


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veröffentlicht in
medical Beauty Forum
2014 (2), 16-18 und
Beauty Forum 2015 (2), 64-67

 
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