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Das grüne Labor

 

Über Nachhaltigkeit wird viel diskutiert. In erster Linie denkt man an Produkte und ihre Umweltverträglichkeit, neuerdings auch deren Klimaverträglichkeit und die Minimierung ihrer Hinterlassenschaften – sprich Abfall. Aber ist das alles? Dazu haben wir einen Teilbereich unter die Lupe genommen und wollen anhand dessen einmal ins Detail gehen. Es geht um die Forschung und Entwicklung, wo alles beginnt.

 

Herstellerbetriebe bestehen aus einem Netzwerk unterschiedlicher Beteiligter. Das beginnt mit der Firmenspitze und dem Ziel, einen Gewinn zu erwirtschaften. In der Kette von der Produktidee, über die Entwicklung, Produktion, Werbung und Verkauf agieren viele Mitarbeiter, um das Ziel zu realisieren.
Bei Start-ups ist der Firmengründer in der Regel derjenige, der die initiale Idee hat, während in etablierten Unternehmen eher ein Auftrag an die Entwicklungsabteilung gerichtet wird oder aber die Entwicklungsabteilung Marketing und Vertrieb von einer eigenen Idee überzeugen möchte. Die Entstehung von Produkten ist mit Kompromissen und manchmal auch Konflikten verbunden. Auch sie sind bei der Betrachtung der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen.

Neue Idee oder Optimierung

Ideen können von unterschiedlicher Natur sein. Seltener sind in der Tat ganz neue Entwicklungen in der Kosmetik anzutreffen, häufiger die Verbesserung bestehender Produkte, Vereinfachung von Zusammensetzungen oder Rationalisierungen in der Herstellung.
Der Anlass für eine Neuentwicklung kann die Entdeckung oder der Hype um einen neuen Wirkstoff sein. Hier stellt sich die Frage: Soll man den neuen einführen? Das Marketing sagt Ja, die Entwicklung möglicherweise Nein, weil das Wirkungsspektrum des neuen Alleskönners durch bereits verwendete Wirkstoffe schon voll abgedeckt wird.
Die Situation ist typisch für wiederentdeckte Pflanzenöle oder Antioxidantien. Was also tun? Dem Hype folgen, mit der Gewissheit, dass der neue Wirkstoff nach kurzer Zeit vom nächsten Hype eingeholt wird?
Die Zeitspanne beträgt in der Kosmetik etwa 2-3 Jahre, um das Produkt gewinnbringend an die Frau zu bringen – mit viel Werbung und Superlativen. Superlative entsprechen jedoch meist nicht der sachlichen Realität. Ist allerdings davon auszugehen, dass der Hype durchschlagend sein wird, weil sachlich-wissenschaftliche Gründe für eine eindeutige Verbesserung von Wirkung und Behandlung sprechen, wird die Entwicklungsabteilung auf den Zug aufspringen und das Marketing mit einer transparenten, auf Fakten beruhenden Dokumentation versorgen, mit der die potentiellen Käufer überzeugt werden können. Das klingt nach Nachhaltigkeit.

Planung

Als Nächstes geht es darum, den neuen Wirkstoff auf nachhaltige Verfügbarkeit und ökologische Verträglichkeit hin zu überprüfen. Außerdem: Liegt er in ausreichend guter Qualität vor und sind unerwünschte Nebenwirkungen bei der späteren Verwendung ausgeschlossen?
Nach Beantwortung dieser Fragen wird überlegt, wie das Produkt aussehen soll, in das der neue Wirkstoff eingebaut wird. Die Gesamtbilanz – inklusive des Lebenszyklus dieses Produktes – wird auf Nachhaltigkeit abgeklopft. Das sind typische Aufgaben der Entwicklungsabteilung.

Checkliste

In der Planung des neuen Produktes wird z. B. entschieden, dass physiologische Stoffe eingesetzt werden, um die Nachhaltigkeit zu unterstützen, oder andere, zum Beispiel tierische Rohstoffe, ausgeschlossen werden (Thema: Massentierhaltung, Tierschutz). Im Einzelnen gibt es aber noch viel mehr Gesichtspunkte. Dazu einige Beispiele:

  • Ausschluss von Konservierungsstoffen der Kosmetikverordnung (KVO) und vergleichbarer natürlicher Stoffe, falls ein wasserhaltiges Produkt konzipiert wird. Damit entfällt die Belastung des Mikrobioms der Haut und letztlich auch des Abwassers.
  • Ausschluss biologisch nicht abbaubarer Emulgatoren, Silikone, Mineralöle und Komplexbildner, die ebenfalls das Hautgleichgewicht beeinflussen und in den Klärwerken stören.
  • Bei der Auswahl von Inhaltsstoffen werden allergene Vertreter ausgeschlossen, entsprechende Komponenten ätherischer Öle gegebenenfalls separat deklariert. Das reicht jedoch nicht aus. Es muss darüber hinaus darauf geachtet werden, dass keine Stoffe verwendet werden, die erst später auf der Haut durch Strahlung und Luftsauerstoff Allergene bilden.
  • Erhöhung der Verfügbarkeit von Wirkstoffen durch die Verwendung physiologischer Penetrationsverstärker – wie etwa Liposomen und Nanodispersionen auf Phosphatidylcholin-Basis. Sie ermöglichen Dosisreduzierungen von Wirkstoffen und somit auch eine Schonung der Ressourcen.
  • Die Auswahl regionaler Rohstoffe wie etwa fetter pflanzlicher Öle reduziert klimaschädigende Transporte über große Entfernungen und z. B. die Ausdehnung von Monokulturen in die tropischen Regenwälder hinein.
  • In diesem Zusammenhang ist die Beurteilung der Fettsäurebesetzung fetter Pflegeöle von großer Bedeutung. Essenzielle Fettsäuren und Nebenkomponenten wie etwa Phytosterine, Isoflavonoide und Vitamine sind ausschlaggebend für die nachhaltige Pflegewirkung. Die entsprechende Optimierung bewirkt naturgemäß eine Reduzierung der Dosierungen und gegebenenfalls sogar eine Senkung der Einsatzfrequenz.
  • Zur Arbeit der Entwicklungslabors gehören auch die Prüfung von Gebindematerialien und deren Kompatibilität mit den jeweiligen Produktzusammensetzungen. Die Materialien sollten möglichst recyclingfähig sein. Allerdings ist die Verwendung von Kunststoff-Recyclaten für neue Kosmetikprodukte gegenwärtig nicht empfehlenswert, da Kontaminationen durch Schadstoffe anderer Produkte nicht selten sind. Die Analytik kann nur die Schadstoffe finden, nach denen sie sucht.

In Zukunft wird man sich immer mehr die Frage stellen müssen, ob es nicht sinnvoll ist, auf Anwendungskomfort zu verzichten und wieder mehr auf wasserfreie Produkte zu setzen, in denen ca. 90 Prozent der Hilfsstoffe der wasserhaltigen Produkte und rund zwei Drittel des Produktvolumens und damit auch des Verpackungsmaterials eingespart werden können. Der Verträglichkeit mit dem Haut-Mikrobiom kommt man damit wesentlich näher. Außerdem wird dadurch das Problem kurzer Haltbarkeiten gelöst, was am Ende den Wünschen des Handels und der Lagerung entgegenkommt.

Recherchen

Wissenschaftliche Recherchen nehmen in der Entwicklungsabteilung einen breiten Raum ein, wenn es um die ganzheitliche Nachhaltigkeit geht. Diese sind Teil einer kontinuierlichen Absatzpolitik, die kurzfristige Abverkäufe, das heißt die Fokussierung auf Mengen und Verschwendung ausschließt. Das ist im Sinne des mittlerweile wachsenden Anteils umweltbewusster Verbraucher.

Interne Ressourcen

Selbstverständlich spielt in den Entwicklungslabors der nachhaltige Umgang mit Ressourcen wie Wasser, Energie, Materialeinsatz und -entsorgung eine Rolle. Sie ist aber für die Gesamtbilanz nicht entscheidend. Denn diese Dinge inklusive Digitalisierung und der weitgehend papierlose Ablauf sind in einem ökonomisch und ökologisch arbeitenden Laborbetrieb selbstverständlich und werden ständig optimiert.

Dr. Hans Lautenschläger

 


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Revision: 06.07.2023
 
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veröffentlicht in
Beauty Forum
2023 (7), 68-69

 
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